Aufgrund der aktuellen Covidsituation wurde die Winterversammlung der Rinderzucht Tirol eGen 2022 wiederum Online abgehalten. Vorstandsvorsitzender Christian Straif konnte 900 Zuhörer begrüßen. Er gab einen kurzen Überblick über die Themenschwerpunkte für das heurige Jahr. Diese stehen im Zeichen der Neuwahlen der Rinderzucht Tirol eGen. So müssen 2022 alle 550 Viehzuchtvereine Neuwahlen durchführen. Diese sind die Basis für die weiteren Wahlen der Gebietsvertreter und der Zusammensetzung der Rassen- bzw. Fachausschüsse. Daraus werden die Aufsichtsräte für die Rinderzucht Tirol eGen vorgeschlagen, die in der Generalversammlung 2023 von den Delegierten gewählt werden. Der Aufsichtsrat bestellt dann die Mitglieder des Vorstandes. Um die entsprechende Grundlage für die Wahlen zu gestalten, sind noch Statutenänderungen notwendig. Im Wesentlichen beinhaltet dies die Einbringung der Tiroler Vieherzeugergemeinschaft in die Rinderzucht Tirol eGen und die Abschaffung des Passus der Altersobergrenze von 65 Jahren für Aufsichtsratsmitglieder. Die Statutenänderungen werden in der kommenden Generalversammlung am 27. Jänner 2022 Online den Delegierten zur Beschlussfassung vorgelegt.
Aufgrund der Covidsituation konnten in den letzten beiden Jahren keine Schauen mehr durchgeführt werden. Für die kommenden Jahre wurde nun von Vorstand und Aufsichtsrat ein genereller Plan zur Abhaltung der bisherigen Landesschauen ausgearbeitet und beschlossen. Anstelle der Landesschauen werden verteilt auf die Vermarktungsstandorte Rotholz und Imst die sog. Verbandsrinderschauen veranstaltet. So findet heuer am 23. und 24. April 2022 in Rotholz die Verbandsrinderschau für die Rassen Fleckvieh, Sprinzen, Tux-Zillertaler und Fleischrinderrassen statt. 2023 folgt die zweite Verbandsrinderschau für Brown Swiss, Original Braunvieh, Holstein und Jersey. Für das Tiroler Grauvieh gibt es 2024 das Highlight mit der Bundesgrauviehschau Kuisa und 2025 eine Neuauflage der Jungzüchterschau, beide veranstaltet ebenfalls in Imst. 2024 veranstaltet Brown Swiss Austria auch ihre Bundesschau in Imst. Mit diesem Konzept konnte eine Lösung gefunden werden, wo die Verbandsrinderschauen mit den Bundesschauen und der Jungzüchterschau ein jährliches Highlight bieten. Zudem konnte damit auch die Möglichkeit geschaffen werden, dass die Anzahl der Schautiere deutlich nach oben geschraubt werden konnte. Das neue Schaukonzept der Rinderzucht Tirol gibt nun vor, dass die erste Verbandsrinderschau für die Rassen Fleckvieh, Sprinzen, Tux-Zillertaler und Fleischrinderrassen bereits in 3 Monaten am 23. und 24. April 2022 in Rotholz stattfindet. Trotz der unsicheren Covidsituation gehen die Veranstalter davon aus, dass diese Schau durchgeführt werden kann. Um das enge Zeitkorsett einhalten zu können, wird die Ausschreibung in den nächsten Tagen Online veröffentlicht bzw. per Email ausgesendet. Mögliche Schautiere können bis spätestens 20. Februar 2022 ausnahmslos Online im RDV-Portal Versteigerungsmodul angemeldet werden.
Veterinärdirektor-Stv. Paul Ortner berichtete über den aktuellen Seuchenstand in Tirol. Der IBR/IBV-Ausbruch auf einem großen Milchbetrieb im November zeigte uns einmal mehr die Allgegenwärtigkeit der Seuchengefahr. Früh genug konnte hier ein weiteres Ausbreiten der Seuche verhindert werden. Zusätzliche Untersuchungen aller BVD-Tankmilchproben vom November auf IBR/IBV wurden zur verbesserten Überwachung durchgeführt. In der TBC-Bekämpfung wurden 7.000 Rindern in 700 Beständen untersucht, wobei drei Reagenten diagnostisch getötet werden mussten.
Österreich erhält demnächst von der EU die Anerkennung der BVD-Freiheit. Seit 2015 gab es keine Neuausbrüche mehr. Die Überwachung wird mittels zweimaliger jährlicher Untersuchung der Tankmilch gewährleistet und einer stichprobenmäßigen Untersuchung von 200 Betrieben ohne Milchlieferung. Aufgrund der Afrikanischen Schweinepest wurde die Schweine-Hygieneverordnung novelliert. Besonders in der Almschweinehaltung hat dies Auswirkungen in der Umzäunung des Auslaufes.
Vorstand Raphael Kuen präsentierte Zahlen über die Zuchtviehvermarktung 2021. Insgesamt wurden 6.539 (+493) Zuchttiere vermarktet, davon 5.570 (+820) auf den Versteigerungen und 969 (-327) Abhof. Der Zuwachs an vermarkteten Tieren ist begründbar, da im Frühjahr 2020 Versteigerungen coronabedingt nicht abgehalten werden konnten. Generell ist aber ein Rückgang der Stückzahlen in der Zuchtviehvermarktung spürbar. 80 % der Tiere werden in Rotholz versteigert und 80 % der Abhoftiere über Imst vermarktet. Durchwegs gab es 2021 in allen Verkaufskategorien Preiszuwächse. Über 30 % der vermarkteten Kalbinnen und Kühe konnten einen Durchschnittspreis von über 2.000 € netto erlösen. Seit wenigen Monaten neu gibt es das Service der Onlinevermarktung von Zuchttieren auf kuh4you. Aktuell finden dort Adaptierungen zur Verbesserung statt.
Den größten wirtschaftlichen Bereich in der Rinderzucht Tirol eGen stellt die Schlacht- und Nutztiervermarktung dar. Fast 18.000 Rinder wurden im vergangenen Jahr vermarktet. Vorstand Michael Wurzrainer berichtet von einer aktuell außergewöhnlich hohen Preissituation. Der Jungstierpreis ist seit Monaten im Steigen. Bei der Schlachtkuh konnte nach einem kurzen Omikron-Tief der Preis wieder angehoben werden. Gründe für das Preishoch sind die deutlich sinkende Rindfleischproduktion und weniger Importe EU-weit. Eine große Herausforderung sieht Wurzrainer in der Diskussion um die neue Kennzeichnung der Haltungsformen in der Vermarktung. In Dänemark wurde dies bereit 2016 beim Schweinefleisch gestartet. Aktuell wird diese Diskussion stark in Deutschland geführt, wo große Lebensmittelketten die Kennzeichnung in den nächsten Jahren umsetzen mit voraussichtlich spürbaren Auswirkungen auf den österreichischen Markt. Besonders für die Tiroler Landwirtschaft ist die entscheidende Frage hier die Einstufung der Kombinationshaltung im Sinne des Tierwohles. Neben der Haltungsform werden zudem Regionalität und Bio die wichtigsten Kaufargumente am Markt sein. Abschließend weist Wurzrainer noch auf das neue Service Sensehub zur Brunsterkennung und Gesundheitsüberwachung hin. Die Anschaffung wird gefördert. Für weitere Informationen stehen die Ansprechpartner der Rinderzucht Tirol eGen Clemens Widschwendter 0664-602598-1881(Unterland und Osttirol) und Daniel Streng 0664-88462628 (Oberland) gerne bereit.
Die Leistungskontrolle und Qualitätssicherung ist die wichtige Basis in der züchterischen Arbeit und im Herdenmanagement. LKV-Geschäftsführer Reinhard Winkler gab dazu einen interessanten Überblick. 4.568 Betriebe mit über 50.000 Kühen stehen in Tirol unter Milchleistungskontrolle. Man ist damit das Bundesland mit den meisten Betrieben. Die meisten Kühe stehen in Oberösterreich, die höchste Durchschnittsleistung weist das Burgenland auf. 632 Betriebe stehen unter Fleischleistungskontrolle mit 3.500 Kühen.
Eine immer größere Bedeutung erlangen automatische Melksysteme. 41 Melkroboter mit durchschnittlich 44 Kühen stehen in Tirol. Ihre durchschnittliche Leistung beträgt 8.477 kg Milch bei einer Zellzahl von 189.000. Jährlich werden knapp 10 Melkroboter neu installiert. Österreichweit stehen schon über 1.400 Melkroboter im Einsatz mit stark steigender Tendenz. So wird großes Augenmerk gelegt, die neuen Anforderungen in Leistungskontrolle und Qualitätssicherung mit Service und Beratung im Sinne der Züchter und Kunden zu erfüllen. Dazu wird die Prüf- und Inspektionsstelle Labor Rotholz ständig auf die neuesten Anforderungen angepasst.
In seinen Schlussworten bedankte sich Aufsichtsratsvorsitzende Kaspar Ehammer bei allen, die zum erfolgreichen Weg der Rinderzucht Tirol beitragen. Die Herausforderungen in Zucht, Produktion und Vermarktung mit den neuen gesellschaftlichen Themen wie Tiertransporte, Tierwohl und Umwelt verlangen eine starke Organisation in der Vertretung der Tiroler Bauern.